Kondensat an oder in Bauteilen: Warum, wie viel und was tun?

Kondensat an oder in Bauteilen: Warum, wie viel und was tun?

Jetzt ist wieder die Zeit, in der romantische Menschen Herzen in die beschlagenen Scheiben parkierter Autos zeichnen. Das ist aber schon das einzig Romantische an diesem physikalischen Effekt, der in den kalten Monaten auch bei Gebäuden an den Oberflächen von Wänden, Fensterrahmen, der Glasoberfläche oder an den Dichtungen im Fensterfalz auftritt. Als Schnittstelle zwischen Innen- und Aussenklima sind Fenster besonders betroffen.

Ein physikalisches Gesetz

Fensterscheiben können beschlagen, wenn die umgebende Luft viel Feuchtigkeit enthält und die Scheibe kälter ist als die Luft. Je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Trifft die warme Luft auf eine kühle Oberfläche, kühlt sie ab und das Wasser setzt sich als Kondensat an der Oberfläche ab.

Viele Laien denken, dass Kondensat bei Fenstern immer auf einen Qualitätsmangel hinweist. Diese Annahme ist falsch. Denn in den meisten Fällen entsteht das Kondenswasser allein aufgrund der physikalischen Gesetzmässigkeiten. Trotzdem müssen Architekten, Planer und Fensterbauer das Phänomen immer wieder erklären und Ratschläge erteilen, wie sich «schwitzende Fenster» verhindern lassen. Deshalb drängt sich die Frage auf: Wie viel Kondenswasser ist zulässig und wann muss man tatsächlich von einem Mangel sprechen?

Wie viel Kondenswasser ist zulässig?

Die «SIA-Norm 180:2014 Wärmeschutz, Feuchteschutz und Raumklima in Gebäuden» liefert Antworten auf diese häufigen Fragen. Eine Grundsatzaussage steht in Kapitel 6.1.1: «Die lokale Anhäufung von Wasser in Spalten, Poren und an Trennflächen in Quantitäten, die Schäden verursachen oder das Schimmelwachstum begünstigen können, ist nicht zulässig.»

Die Norm unterscheidet in der Folge zwischen Kondensat und Schimmelpilzbefall an Oberflächen (Kapitel 6.2) und der Verhinderung von unzulässiger Feuchte in Bauteilen (Kapitel 6.3).
Im Kontext von Fenster-, Türen- und Fassadenbauteilen gilt es demnach, die dem Rauminneren zugewandten Flächen und den sogenannten Falz- oder Funktionsbereich separat zu betrachten. Für die raumseitigen Oberflächen hält Kapitel 6.2.1.1 fest: «Das Gebäude ist im Detail so zu projektieren und auszuführen, dass im bewohnten Raum
— an keiner Stelle Oberflächenkondensat auftritt,
— an keiner Stelle die Gefahr von Schimmelpilzbefall besteht.»

Im Kapitel 6.2.1.2 wird diese Aussage hinsichtlich Kondenswasser konkretisiert: «Kurzfristiges Auftreten von Kondenswasser an der Oberfläche ist dann zulässig, wenn dies nicht zu Schäden führt.»
Dies bedeutet: Das Kondensat ist als unbedenklich einzustufen, solange es wieder verdunsten kann. Andernfalls kann es zu Veränderungen des Materials führen und einen willkommenen Nährboden für Schimmelpilze bilden.

Himmel, bloss kein Schimmel!

Der Schimmelbildung widmet sich die SIA-Norm 180:2014 im Kapitel 6.2.1.3:
«Um das Schimmelpilzrisiko zu vermeiden, darf die Oberflächenfeuchte (relative Feuchte der oberflächennahen Luftschicht) den Wert von 80 % nicht während mehr als zweier aufeinander folgender Wochen pro Jahr übersteigen.»
Dieser Wert lässt sich in der Planungsphase – und bei Bedarf auch bei bestehenden Bauten – unter Berücksichtigung der energetischen und raumlufttechnischen Mindestanforderungen sicherstellen oder rechnerisch prüfen bzw. nachweisen.

Mit dem folgenden Satz relativiert die Wegleitung zur SIA 180:2014 die absolute Verbindlichkeit der Normen:
«Es gibt immer wieder Wasser oder Feuchte in der Konstruktion, die man als unvermeidlich und unschädlich bezeichnen darf. Es gibt keine allgemeingültigen Werte des zulässigen Feuchtegehalts. Man muss von Fall zu Fall, abhängig von Situation, Material, Schädigungspotenzial usw. abwägen.»

Moderne Fenstersysteme senken Risiko

Das Abwägen beginnt bei der Wahl der Fenstersysteme.
Moderne Kunststofffenster verfügen über Mehrkammerprofile und spezielle Isolierverglasungen, die den Wärmedurchgang reduzieren. Wenn hier Kondensat an der Wetterseite, also aussen auftritt, ist das ein gutes Zeichen: Die isolierende Wirkung der Mehrfachverglasung ist so gut, dass die äussere Scheibe durch die Wärme im Raum nicht genügend aufgeheizt wird.

Im Gegensatz zu älterem Isolierglas ist Kondensation an der inneren Scheibe bei Wärmedämm-Isoliergläsern deshalb sehr selten. Nur wenn die Raumluft kurzzeitig sehr viel heissen Wasserdampf enthält – zum Beispiel beim Kochen oder Duschen – beschlägt die Scheibe.
Dann ist kräftiges Querlüften gefragt.

Guter Rat ist wertvoll

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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit den Baugutachtern von «Fenster in Form»! entstanden. Im folgenden Experteninterview vertieft Inhaber und Geschäftsführer Josef Knill weitere Aspekte der Kondensatbildung an Fenstern

Fachgespräch mit Josef Knill von «Fenster in Form»

«Fenster sind in circa 95% der Fälle NICHT verantwortlich für Kondensat»

«Fenster in Form» bietet seit 20 Jahren Dienstleistungen für Fenster und Fassadenbauteile an: Gutachten, Engineering und Beratungen.
Inhaber und Geschäftsführer Josef Knill kennt die Thematik wie kaum ein anderer. Im Fachgespräch vertieft er das Thema Kondensat am Fenster.

Josef Knill, mit der Gründung von «Fenster in Form» trafen Sie vor 20 Jahren den Nerv der Zeit. Auch heute sind Ihre Dienstleistungen sehr gefragt. Was ist anders im Vergleich zu damals?

Die Herausforderungen in der Baubranche sind extrem gestiegen. Das widerspiegelt sich auch im Thema Kondensat. Vor 20 Jahren entstand Kondensat wegen der damaligen normativen und gesetzlichen Leistungseigenschaften oder schlecht konzipierten Fenstersystemen. Das ist heute ganz anders. Die Einflussfaktoren für Kondensierungen sind zwar geblieben, aber heute ist in circa 95 % der Fälle nicht das Fenster verantwortlich für das Kondensat.

Wo liegen denn heute die Schwierigkeiten?

Die Herausforderung mit dem Kondensat beginnt in der Abhängigkeit der Jahreszeit im Oktober und hört im März auf. Die Herausforderung ist, dass Lüftungskonzepte in Gebäuden nicht so realisiert werden können wie geplant oder dass man die Bedürfnisse der Benutzenden zu wenig erfasst und in der Folge die notwendigen Leistungseigenschaften nicht optimal umsetzt.
Einflussfaktoren für zu viel Feuchtigkeit in Gebäuden sind unter anderem Baufeuchtigkeit, Tumbler, Waschmaschinen, Nasszellen, Umluft-Dampfabzüge und Gebäudedrücke bei mehrstöckigen Gebäuden.

Können Sie ein Beispiel machen?

Gerne. In einer Nasszelle mit Dusche und Fenster wird laut Leistungsbeschreibung des Totalunternehmers (TU) keine Deckenlüftung benötigt. Aufgrund der heutigen dichten Gebäudehüllen reicht jedoch ein Fenster nicht mehr aus – insbesondere dann, wenn die Bewohnenden nicht genügend lüften. Die Feuchtigkeit will sich immer ausgleichen und wandert, wenn sie technisch nicht aufgehalten wird, immer dahin, wo es weniger hat.
Angenommen, es wird am Nachmittag warm und wir profitieren von der Sonnenenergie, dann steigt die Raumtemperatur und senkt sich am Abend nach Sonnenuntergang wieder. Wenn dann die Bewohnenden am Abend zum Beispiel kochen, duschen oder waschen, kondensiert die verbleibende Feuchtigkeit nach der Temperaturabsenkung an den schwächsten Bauteilen. Das ist und bleibt normativ das Fenster. Die heutigen Fenster sind Hightech-Produkte, aber im Vergleich zu den opaken Bauteilen, also Wänden und Decken, immer noch rund fünfmal schwächer.

Welche Einflussfaktoren wirken noch?

Das vorherige Beispiel lässt sich mit weiteren Thematiken spicken, wie mit zwei- oder dreistöckigen offenen Wohnräumen, in denen die Feuchtigkeit mit der Wärme bauphysikalisch ins Obergeschoss steigt. Durch den Gebäudedruck, der im Obergeschoss höher ist als unten, drückt es die Feuchtigkeit zusammen mit physikalisch bedingter Feuchtewanderung – sie wandert immer von der warmen zur kalten Seite – zwischen dem Fensterflügel und dem Blendrahmen nach draussen und führt genau dort zum Kondensat oder schlimmstenfalls zu Schimmel. Solche Fälle ziehen oft Missverständnisse oder gar Streitigkeiten zwischen den Bauträgern und den Fensterbauern nach sich. Wenn die Situation eskaliert und wir Monate später als Gutachter beigezogen werden, stellen wir in den Putz- und Gipswänden oft bis zu drei Prozent Feuchtigkeit fest. Das bedeutet, dass die Feuchtigkeitsspeicher komplett gefüllt sind. Wenn die Mieter oder Eigentümer dann lüften, kehrt die Feuchtigkeit innerhalb einer halben Stunde wieder auf das ursprüngliche Niveau zurück. So ergibt sich ein Perpetuum mobile.

Einflussfaktoren für Kondensat sind also die Feuchtewanderung, der Gebäudedruck und zu hohe Feuchtigkeit. Kann auch die Raumtemperatur die Kondensatbildung beeinflussen?

Das ist richtig. Deshalb ist es wichtig, ein konstantes Raumklima und möglichst keine Nachtabsenkung zu haben. Wenn die Temperatur nachts im Verhältnis zur relativen Feuchte zu stark sinkt, kann ein Delta entstehen und dann ist auch beim besten Fenster Kondensat vorprogrammiert. Das Delta zwischen Tag und Nacht sollte im Tagesmittel und in Abhängigkeit zur relativen Feuchte maximal 3 Grad betragen. Während der Energiekrise, als viele die Heizung gedrosselt haben, stiegen die Meldungen wegen Kondensat, Schimmelpilz und Eisbildung signifikant an.

Spielt das Fenstermaterial eine Rolle, wenn man Kondensat an Fenstern vermeiden will?

Wenn man die über 26 normativen und gesetzlichen Leistungseigenschaften berücksichtigt, spielt die Materialwahl keine Rolle. Diese Leistungseigenschaften muss der Planer oder der Bauherr definieren. Wenn man diese Leistungseigenschaften nicht richtig vorgibt, können beim besten Fenster Probleme entstehen. Nehmen wir an, ein Bauherr oder Planer bestellt ein Kunststofffenster der Firma VEKA und sagt, er wolle keine Dreifach-, sondern nur eine Zweifachverglasung. Der Fensterbauer kann den Eigentümer lediglich auf das Risiko für Kondensat hinweisen. In einem solchen Fall wäre jedoch Kondensat grossmehrheitlich vorprogrammiert.

Wie lässt sich Kondensat verhindern?

Das Wichtigste ist Aufklärung. Sowohl Laien als auch Fachleute müssen die anspruchsvollen bauphysikalischen Zusammenhänge verstehen und entsprechend handeln. Lüftungskonzepte müssen an die Bedürfnisse angepasst werden. Dabei helfen wir gerne mit Beratungen oder Schulungen. Das Leid, das wir mit unseren Gutachten erleben, wollen wir verhindern, indem wir unser Fachwissen kundenspezifisch weitergeben. Das bedeutet aber auch, dass die Bauträger die Bedürfnisse äussern müssen, damit die Planung dafür erfolgen kann.

Wie wichtig ist das richtige Lüftungsverhalten der Bewohnenden, um «schwitzende Fenster» zu vermeiden?

Das richtige Lüften ist sehr wichtig. Dabei verweise ich auch gerne auf das neue Merkblatt des Schweizerischen Fachverbandes Fenster und Fassaden: Optimales Lüften und Feuchtigkeitsschäden in Wohnräumen vermeiden.

Wie lüften Sie bei sich zuhause?

Meine private Wohnsituation ist so, dass wir das Kondensatproblem nicht kennen. Wir haben sehr grosse Fenster und lüften manuell. Unser Dachgeschoss ist leider undicht dort kann die Feuchtigkeit entweichen. Trotzdem lassen wir beispielsweise die Schlafzimmertür im Winter offen. Denn der Mensch stösst nachts bis zu zwei Liter Feuchtigkeit aus – auch daraus kann sich Kondensat bilden. Übrigens produziert gemäss SIA-Norm 180 eine vierköpfige Familie während 24 Stunden bis zu neun Liter Wasser pro Tag. Die Regel ist im Prinzip einfach: Wer kein Kondensat haben will, muss die produzierte Feuchtigkeit abführen. Dafür ist ein Lüftungskonzept zwingend, das auf die Bedürfnisse der Bauträger abgestimmt ist.

Josef Knill, herzlichen Dank für diese spannenden Ausführungen. Sie haben uns damit einen wertvollen Einblick gegeben – selbstredend lässt sich die komplexe Thematik nicht abschliessend auf zwei Seiten abbilden.

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Haustüren sind stets individuell gefertigte Einzelstücke, die hinsichtlich Gestaltung und Funktion an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden. VEKA Haustürsysteme bieten die größtmögliche Vielfalt für alle Arten von Füllungen und sämtliche Einbausituationen bei Neubau wie Renovierung – selbstverständlich perfekt abgestimmt auf Design und Technik der VEKA Fenstersysteme.

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